Was die Zwangsentschleunigung für Chancen bietet

Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen nichts zur aktuellen Situation in der wir uns gerade befinden zu schreiben. Aber wie es nun einmal so ist, habe ich meine Meinung geändert.

In den letzten Tagen hat sich viel für uns verändert. Das gewohnte Leben, so wie wir es kennen, ist komplett auf den Kopf gestellt worden. Vor allem sind wir in unserem gewohnten Freizeitverhalten drastisch eingeschränkt worden.

Wer in den letzten Tagen die sozialen Medien verfolgt hat, ist immer wieder auf Fragen gestoßen wie, hat irgendwo noch eine Kneipe auf, wo gibt es ein Fitnessstudio, das noch geöffnet hat, macht das Einkaufszentrum jetzt zu? Teilweise sind hier regelrechte Shitstorms ausgebrochen. Die Fragesteller sind als Ignoranten beschimpft worden und noch weitaus schlimmer. Oder es wurde sich über Menschenansammlungen, vor Allem von Jugendlichen aufgeregt. Eine Begebenheit, die ich selbst erlebt habe, ist mir besonders im Gedächtnis geblieben. Bei mir hat sich jemand darüber ausgelassen, dass er stocksauer auf die Regierung ist, dass wir jetzt die Reisebeschränkungen haben und deshalb die Verwandtschaft aus -ich habe das Land vergessen- jetzt über Ostern nicht kommen darf.

Sind das jetzt alles Ignoranten, die die aktuelle Situation nicht ernst nehmen? Oder Egoisten, die nur an sich denken und auf was sie jetzt verzichten müssen? Teilweise mag das stimmen aber nicht bei jedem. Ich habe mir hierzu meine eigenen Gedanken gemacht und überlegt, was ist es dass die Menschen zu solchen Fragen und Reaktionen treibt?

  • Viele Menschen sind in ihrem Leben so durchgetaktet und haben einen übervollen Terminkalender, der „abgearbeitet“ werden muss. Sei es beruflich oder privat. Auf einmal muss das Kind nicht mehr zu Freizeitaktivitäten gefahren werden. Das Essen mit Freunden fällt aus. Einige haben sogar ihre Erholung geplant, indem sie zu Entspannungskursen oder Yogakursen gehetzt sind. Viele fallen dadurch in ein tiefes Loch, weil sie es nicht gewohnt sind auch einmal Zeit für sich zu haben.
  • In der heutigen Zeit wissen viele Menschen nichts mit sich selbst anzufangen und sich selbst zu beschäftigen. Das beobachte ich verstärkt bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen. Der Grund ist, dass sie es kaum lernen. Ich bekomme das bereits bei den Kleinsten in den Kitas mit. Der Tag in der Kita ist bereits durchgetaktet und durchgeplant mit Angeboten. Freies Spielen, ist auf bestimmte Zeiten beschränkt. Bei den größeren ist es dann Schule, Hausaufgaben, Sportverein, Musikschule, am Wochenende gestalten viele Eltern das Programm.
  • Der dritte Grund ist schlichtweg Angst und Unsicherheit. Keiner weiß, was der Virus noch mit sich bringt, wie weit wir uns noch einschränken müssen und vor Allem wie lange. Dazu kommt bei vielen die Existenzangst. Da ist es doch nur logisch, dass man sich nach ein wenig Ablenkung und etwas Normalität sehnt.

Was alle diese Gründe aber gemeinsam haben ist die Tatsache, dass wir Menschen immer mehr verlernen bei uns zu bleiben und nach uns zu schauen. Wir betäuben uns mit Shopping, Fernsehen, Alkohol, Parys, usw., damit wir uns nicht mit uns auseinandersetzen müssen.

Versteht mich nicht falsch, ich will niemanden angreifen. Ich beobachte diese Entwicklung des „Weg von einem Selbst“ nicht erst seit der aktuellen Krise in der wir stecken, sondern bereits seit mehreren Jahren. Auch bei mir fand diese Entwicklung statt und hat mich direkt in meinen Burnout geführt. In Ansätzen habe ich diese Tendenzen immer noch. Nur habe ich gelernt aufmerksam zu sein und gelernt mehr bei mir zu bleiben.

Ich sehe in dieser „Zwangsentschleunigung“ der Gesellschaft viel Positives und viele Chancen für jeden Einzelnen für uns.

  • Besinnung auf seine ursprünglichen Werte und was uns wirklich wichtig ist im Leben
  • Die Möglichkeit einmal ganz neue Dinge auszuprobieren, an die man vorher nie gedacht hat.
  • Die Möglichkeit einfach mal „runterzukommen“ und sich auf sich zu besinnen
  • Sich weiterzubilden und seinen Horizont zu erweitern.
  • Einfach mal entspannen und die Natur genießen

Deshalb mein Rat an Euch. Anstatt zu verzweifeln und zu jammern wie schrecklich das Alles doch ist, nutzt jetzt die Chance für Euch um nach der Krise gestärkt und mit vollem Elan weiterzumachen.

 

2 Kommentare zu „Was die Zwangsentschleunigung für Chancen bietet“

  1. Ein schöner, unaufgeregter Artikel, der viele Punkte anspricht, welche die aktuelle Krise in den Vordergrund rückt oder die bislang unter den nun gelüfteten Teppich gekehrt wurden.

    Schade, dass das Herunterkommen für viele Menschen wohl nicht so leicht als Chance wahrgenommen werden kann. Sei es einerseits aus gesundheitlicher Sorge um ältere Verwandte und jene, die einem lieb sind, sei es aus wirtschaftlicher Not.

    Dennoch ist jede Krise immer eine Chance. Und ein negativer Blick darauf hilft der Krise, nicht uns.

    Beste Grüße und bleiben Sie gesund
    Patrick Jobst

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert